Samstag, 22. Oktober 2016

Nr. 100

Danke für die Glückwünsche!
Dies ist mein 100ster Post in diesem Blog!

Für alle, die es noch nicht wissen:
In Cádiz werden auf dem Platz der Kathedrale sechs riesige Bronzeplastiken des berühmten englischen Künstlers HENRY MOORE ausgestellt, und zwar noch bis zum 10. November 2016.
Ein Besuch lohnt sich.

















Dienstag, 20. September 2016

"Tscharlie", Karl Häusler und was aus ihm wurde...

Als augenzwinkerndes Hallo! an die starke bayrische Bevölkerungsgruppe in Chiclana und Umgebung gebe ich hier Auszüge eines Artikels aus "Die Zeit" vom 15.09.2016 wieder, der von Marie Schmidt verfasst wurde.

"Servus, Tscharlie!

Die schönste Figur, die der verstorbene Regisseur Helmut Dietl je geschaffen hat, war seine erste: Tscharlie. Seit 1974 wollen Männer sein wie der grandiose Stenz aus den »Münchner Geschichten«.

Ja, gibt es denn solche Männer noch? In einer der genialsten Szenen mit dem Tscharlie sitzen drei Typen in Wildwestklamotten nach einer Faschingsparty an der Isar. »So schön war’s überhaupt noch nie«, sagt der Tscharlie und der Gustl: »Wenn man denkt, dass dann auf amoi ois vorbei is.« »Ja mei«, so der Achmed und der Gustl: »So is des im Leben, zuerst is scheen, dann is auf amoi ois vorbei.«Tscharlie, finster: »Heut is Samstag, morgen is Sonntag und übermorgen is Montag. Zwoa Tag noch.« »Scheißversicherung«, sagt der Gustl und: »Scheißtaxi«, der Achmed. Da wird es dem Tscharlie zu viel Angestellten-Gejammer, und er fängt zu spinnen an: »Zwoa Tag noch bis Sacramento. Ich geh allein auch, miteinander wär’s natürlich schöner, aber ich geh allein auch.« Also gehen die Freunde auf ein Abenteuer und kehren erst Tage später wieder nach Hause zurück, wobei sie über die Innenstadt von München nie hinauskommen.

Sehen Sie hier die Folge »Der lange Weg nach Sacramento« aus den »Münchner Geschichten«







Das war 1974. Die Serie über den coolen Hund Karl Häusler, genannt »der Tscharlie«, hieß Münchner Geschichten und lief im Fernsehen des Bayerischen Rundfunk im Regionalprogramm. Eine Reichweite von heute kaum mehr vorstellbarer Bescheidenheit. Regisseur und Drehbuchautor der Serie war ein noch unbekannter Debütant namens Helmut Dietl. Und der dreißigjährige Schauspieler Günther Maria Halmer spielte darin seine erste Fernsehrolle. In den folgenden Jahrzehnten wurde Dietl einer der größten deutschen Filmemacher seiner Zeit, und Halmer blieb ein verlässlich wiederkehrendes Gesicht des deutschen Fernsehfilms. Aber die Sprüche seiner ersten Rolle zitieren die Leute immer noch. Die Serie ist unzählige Male wiederholt worden, es gibt sie auf DVD, und viele Fans von damals leben jetzt in Berlin und anderswo. Man kann die Spuren des Tscharlie also nicht nur in München, sondern republikweit an vielen nicht mehr ganz jungen Männern ausmachen, die sich etwas von ihm abgeguckt haben: den Schlendergang, das Bubenlachen, ein locker hingehauenes »Logisch!« Unter all den glamourösen Figuren, die Helmut Dietl in seinen Filmen geschaffen hat, ist diese erste vielleicht die hinreißendste. So wie der Tscharlie wollte man einfach sein. Immer. Gäbe es nicht heute mehr Gründe denn je, es zu versuchen?"

Tja, der damalige Darsteller des "Tscharlie", der heute bekannte deutsche Fernsehschauspieler Günther Maria Halmer hat es geschafft. Seine vielfältigen Engagements haben ihn zu einem wohlhabenden Mann gemacht.

Aber was ist wohl aus dem Stenz "Tscharlie" geworden? Hat er es auch geschafft oder vegetiert er irgendwo auf dieser Welt am Existenzminimum und will immer noch nicht wahrhaben, dass er sich bei all seinem coolen Freiheitsdrang auch einmal hätte rechtzeitig um seine Existenzsicherung kümmern müssen, keine krummen Geschäfte machen und sich nicht nur für den Überlegenen halten dürfen. Ihm bleibt in Deutschland heute nur Hartz IV und deshalb will er dort auch nicht mehr hin. Kein Vorbild, der Tscharlie, aber eine arme Sau. Oder, wer weiß, er ist vielleicht ja immer noch unterwegs nach Sacramento...




Nichts Neues!

Bei Lidl gab es eine günstige Tauchpumpe. Habe sie noch nicht ausprobiert, aber für den Pool kann das Ding mal gute Dienste tun.
Ich stand als Letzter in der Schlange, bevor der Laden öffnete. Da kam Elefantengesicht wieder an. Im Schlepptau seine Frau, die er stets in der Öffentlichkeit wie Dreck behandelt und die deshalb auch schon...
Also gut...gegenseitiges striktes Ignorieren. Er knapp hinter mir, aber als die Tür geöffnet wird, drängt er sich vor und ist als einer der ersten drin.
So kennt man ihn, der sich "zu einem hilfsbereiten Engländer zählt". Er greift seine Tauchpumpe, Frau Gemahlin die Riesenchipstüte und er drängt sich an der Kasse wieder vor, wo mehrere Leute, mich eingeschlossen, darauf warten, welche Kasse denn als erste geöffnet wird.
Wie gesagt, so kennt man ihn...ein widerlicher Zeitgenosse.

Ja, und da sind dann noch meine deutschen Nachbarn, er gehbehindert und sie vom Typ Forever-Young, die sich zwei junge Hunde zugelegt haben, obwohl sie beide über Siebzig sind. Die Viecher bellen den ganzen Tag und nerven die Nachbarn. Kürzlich erschienen sie sogar in meiner Porche und fraßen den gedeckten Tisch leer. Von Erziehung dieser Tiere kann keine Rede sein und sie werden ihre Herrchen sicherlich weit überleben, zumindest aber werden sie in wenigen Jahren womöglich von denen nicht mehr versorgt werden können.
Arme Tiere. Aber wie heißt es? Bei Hunden sind die Idioten oft am oberen Ende der Leine zu finden.

Samstag, 13. August 2016

Kunst! Kultur!

Auch wenn man in Chiclana nicht glauben mag, dass es in Spanien eine nennenswerte Kunst- und Kulturszene gibt...es gibt sie doch.
Aber dafür muss man ein paar Kilometer zurücklegen:
Wir besuchten gerade Madrid und dort den weltberühmten Prado, eines der bedeutendsten Kunstmuseen der Welt. Aber nicht einfach so, es gab einen Anlass und auch dieser Anlass hat Weltrang. Wir besuchten die Ausstellung der Werke des Hieronimus Bosch, in Spanien "El Bosco" genannt.
Ich will jetzt hier kein kunsthistorisches Seminar halten, deshalb bitte ich  Euch die üblichen Informationsquellen im Netz aufzusuchen um die Bedeutung dieses einzigartigen Malers des 16. Jahrhunderts kennenzulernen, falls er nicht schon bekannt ist..
Sein berühmtestes Werk ist sicher "Der Garten der Lüste".



Nach dem Besuch im Museo del Prado waren wir zwar schon ziemlich erschöpft, aber wir hatten uns vorgenommen, auch noch das Museo Nacional Reina Sofia zu besuchen. Dort ging es uns aber nur um ein Bild: Pablo Picassos: Guernica.
Das kennen wir fast unser ganzes Leben lang als Mahnmal gegen den verbrecherischen Angriff der deutschen Fliegerstaffel "Legion Condor" unter der Nazidiktatur zur Unterstützung des Faschisten Franco im spanischen Bürgerkrieg. Das Dorf Guernica wurde dabei völlig zerstört.



Da man in den Museen nicht fotografieren darf, zeige ich ein paar Bilder vom Drum und Dran.

Hier sind "Refugees Welcome".




Auf der Plaza Santa Ana gibt es auch eine deutsche Kneipe. Wir wollten sie wieder aufsuchen, weil sie eine tolle Mischung aus spanischem und deutschem Flair bietet. Aber leider machen die im August Urlaub. Also beim nächsten Besuch wieder.







Eine Bar nur für Mejillones (Miesmuscheln) aus Vigo


Puerta del Sol, der berühmte Platz, besonders für politische Demonstrationen bekannt




Das Velasquez-Denkmal vor dem Prado


Museo del Prado




San Jeronimo hinter dem Prado



Das Plakat zur Bosch-Ausstellung im Prado


Ein Bankgebäude hat sich schön gemacht.


Museo Nacional de la Reina Sofia




Einer der tollen Brunnen auf der Prachtstraße Paseo 




Mit dem Taxi zum Hotel, weil die Busse schon um 23 Uhr den Dienst verweigern.




Samstag, 16. Juli 2016

"Menü" - Die schönsten Rezepte der Welt

Auf meiner Website gibt es ein neues Kochbuch.

"Menü" ist ein längst vergriffener Klassiker der Kochbuchliteratur aus den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts.

Zuerst erschien das Werk als Sammelzeitschrift, zu der es Sammelordner gab; später wurde auch eine Buchausgabe angeboten.

Es enthält in 10 Bänden Unmengen toller Rezepte und ist sehr zu empfehlen, auch heute noch.



Samstag, 21. Mai 2016

Und was macht er sonst so in Deutschland?


Antwort: Er geht umher und schaut.

z.B. das Rokoko-Schloss Augustusburg in Brühl bei Köln, das der Kurfürst und Kardinal Erzbischof von Köln, Clemens August, ein Wittelsbacher, erbauen ließ.




oder die Ausstellung des berühmten niederländischen Grafikers M.C. Escher im Max-Ernst-Museum in Brühl



 Beide Sehenswürdigkeiten verhängen leider ein Foto- und Videoverbot.


Oder er schaut sich die futuristische Architektur des Düsseldorfer Kö-Bogens von Liebeskind an, nebst der Riesenbaustelle rundum, die an der Stelle der ehemaligen Hochstraße namens "Tausendfüßler" entstanden ist. Noch lange kann im Düsseldorfer Schauspielhaus nicht gespielt werden, bis die geplanten weiteren Bauwerke fertig sind.





Oder er fährt nach Frechen und besucht dort den 41. Töpfermarkt. Toll!





Sonntag, 15. Mai 2016

Jean Tinguely in Düsseldorf

Nachdem meine Augenoperationen erfolgreich verlaufen sind, hatte ich große Lust der kulturellen Schaulust zu frönen. Und das ging in der Tinguely-Ausstellung im Düsseldorfer Kunstpalast besonders gut.






Freitag, 29. April 2016

Ortega y Gasset: Theorie Andalusiens

Der folgende Text ist wie so manch anderer aus der letzten Zeit nicht für die deutschen Vollhonks gedacht, mit denen ich hier ab und zu meine Sottisen treibe.
Wem also Bildung nicht als ein abschreckender oder fremdartiger Lebensentwurf erscheint, dem wird der Aufsatz von 1927 womöglich ein Gewinn sein und den Blick schärfen.
Der Verfasser, der Madrider Philosoph Ortega, ist in der Geschichte der sozial-politischen Philosophie nicht unumstritten. Manche halten ihn mit seiner liberalen, jedoch demokratie-kritischen Haltung für einen Wegbereiter der Falange Española, der Partei des Diktators Franco, die von Primo de Rivera gegründet wurde. Ich teile diese Meinung nicht vollständig, denn das Werk Ortegas scheint mir doch weit über diese damals aktuellen politischen Bezüge hinauszuweisen. (1)
Uns Heutigen, die wir Gäste im kontemporären Andalusien sind, wird sicher schnell klar, dass das Bild des Andalusiers, das Ortega zeichnet, mit dem heutigen Menschen hier nur noch zum Teil übereinstimmt. Ich erfahre AndalusierInnen als weitgehend moderne Menschen, die in einer globalisierten Welt angekommen sind, auch wenn die Lebensverhältnisse für viele sehr beschwerlich sind. Aber dieses traurige Schicksal teilen sie mit vielen SpanierInnen aus anderen Regionen und all den anderen Menschen, die weltweit Opfer des globalisierten und unkontrollierbar gewordenen Kapitalismus sind.

José Ortega y Gasset
THEORIE ANDALUSIENS
(Theoría de Andalucía)
veröffentlicht 1932
Entnommen aus
Stern und Unstern · Über Spanien
S. 37-56
Deutsche Verlags-Anstalt Stuttgart
1952

PROLOG

Während des ganzen 19. Jahrhunderts hat Spanien unter dem überwiegenden Einfluss Andalusiens gelebt. Das Jahrhundert beginnt mit den Cortes von Cádiz; es endet mit der Ermordung Cánovas des Castillo und der Nachfolgerschaft Silvelas, zweier Malaguener. Die herrschenden Ideen tragen andalusisches Gepräge. Man malt Andalusien -  ein flaches Sonnendach, den Patio mit Blumentöpfen, blauen Himmel. Man liest andalusische Dichter. Man redet beständig von dem Land Maria Sanctissimas. Der Räuber der Sierra Morena und der Schmuggler sind Nationalhelden. Ganz Spanien fühlt sein Dasein gerechtfertigt, weil es die Ehre hat, das andalusische Stücklein Erde einzuschließen. Dies ändert sich, wie so vieles, um 1900. Der Norden besinnt sich auf sich selbst. Es beginnt die Vorherrschaft der Katalanen, Asturier und Basken. Wissenschaft und Kunst des Südens verstummen; der Einfluß andalusischer Politiker nimmt ab. Der Cordobés weicht der Baskenmütze. Überall baut man baskische Chalets. Der Spanier ist stolz auf Barcelona, Bilbao, San Sebastián. Man spricht von baskischem Eisen, von den Ramblas, von asturischer Kohle.

Dies Pendeln des spanischen Gravitationszentrums zwischen den beiden Landeshälften verdiente nähere Beachtung; es wäre verlockend, den Verlauf seines Schwingungsrhythmus nach rückwärts zu verfolgen und zu erkunden, ob es ein periodisches Gesetz gibt, das unsere ganze Geschichte in nördliche und südliche Epochen zu gliedern gestattet.
Jedenfalls vermag ein scharfes Auge heute den Beginn eines Niedergangs im Norden der Halbinsel zu erkennen. Sei es, dass die Provinzen des Nordens ihre Spannkraft und den Glauben an sich selbst, an ihre besonderen Talente, ihren Lebensstil, ihre Tüchtigkeit verloren haben; sei es einfach, dass das gesamte Spanien mit nördlichen Einflüssen gesättigt ist. Wahrscheinlich trifft beides zu. Eine vage, aber unabweisbare Erfahrung lässt mich vermuten, dass die Lebenskraft jedes Individuums und jeder Gemeinschaft keine absolute Größe ist, die nur von ihm selbst abhängt, sondern eine Funktion der Lebenskräfte, die ringsum vorhanden sind. Danach könnte es mit einem Volk abwärts gehen, nicht weil es selbst versagt, sondern einfach durch die Tatsache, dass andere Völker in seiner Nähe aufsteigen. Und umgekehrt könnte eine Nation sich beleben, weil ihre Nachbarn ermatten. Wenigstens ist es augenblicklich auf wirtschaftlichem Gebiet klar, dass die relative Armut Kataloniens, der baskischen Provinzen und Asturiens mit dem Anwachsen des andalusischen Reichtums zusammenfällt. Noch liegen keine fassbaren Zeichen dafür vor, dass hiermit eine geistige und moralische Auferstehung verbunden wäre, und wir kommen der Wirklichkeit wohl am nächsten, wenn wir sagen, dass sich Spanien in diesem Augenblick im Gleichgewicht zwischen Norden und Süden befindet. Aber diese Unentschiedenheit wird kaum von sein. Sie stellt zweifellos eine Übergangsphase dar, die binnen kurzem entweder mit einem Zurückfallen auf den Norden oder mit einer neuen Begeisterung für Andalusien enden wird.
Es ist klar, dass ein solches Zurückgreifen auf Andalusien - gesetzt dass es eintritt - eine Vorstellung von andalusischem Wesen mit sich bringen muss, die von der unserer Väter und Großväter gründlich verschieden ist. Der „canto hondo“, die „Seguidilla“, die angebliche Fröhlichkeit des Andalusiers werden uns kaum noch einmal entzücken. Dieser ganze südliche Firlefanz langweilt und verstimmt uns.
Das wunderbare und tiefe Geheimnis Andalusiens liegt jenseits der bunten Posse, die seine Bewohner gutgläubigen Touristen vorspielen. Denn dem Andalusier gefällt es, im Unterschied zum Kastilier und Basken, sich dem Fremden als ein Schaustück darzubieten, und er geht darin so weit, dass sich der Reisende in einer so bedeutenden Stadt wie Sevilla dem Eindruck nicht entziehen kann, als wirkten alle ihre Bürger in der Rolle von Statisten bei der Aufführung eines an den Litfaßsäulen unter dem Titel „Sevilla“ angezeigten, prächtigen Balletts mit. Diese Neigung der Andalusier, sich darzustellen und Schauspieler ihrer selbst zu sein, verrät einen überraschenden Kollektivnarzißmus. Sich selber nachahmen kann nur, wer fähig ist, Zuschauer seiner eigenen Person zu sein; und dazu ist nur fähig, wer die Gewohnheit besitzt, sich selbst zu sehen und zu beobachten und sich am eigenen Bild und Wesen zu ergötzen.
Wenn dies oft die peinliche Wirkung hat, daß die Andalusier affektiert erscheinen, weil sie ihre eigene Art geflissentlich unterstreichen und gewissermaßen zweimal sie selbst sind, so zeigt es andererseits, dass sie zu den Rassen gehören, die sich selbst am besten kennen und durchschauen. Vielleicht gibt es keine zweite, die ein so klares Bewusstsein ihres eigenen Charakters und Stils besitzt. Dank diesem Umstand hat der Andalusier es leicht, sich unwandelbar in den Grenzen seines tausendjährigen Wesens zu halten und, seinem Schicksal getreu, seine ureigene Kultur zu schaffen.
Eine unentbehrliche Tatsache für das Verständnis der andalusischen Seele ist ihr Alter. Man vergesse nicht: die Andalusier sind vielleicht das älteste Mittelmeervolk, älter als Griechen und Römer. Es mehren sich die Anzeichen, daß, ehe der Wind der historischen Einflüsse von Ägypten und allgemein vom östlichen gegen das westliche Mittelmeerbecken blies, eine Periode entgegengesetzter Luftrichtungen geherrscht hatte. Eine Kulturströmung, die älteste, von der wir Kunde haben, ging von unseren Küsten aus, glitt an der Stirnseite Libyens hinunter und gelangte bis in den Orient.

Samstag, 16. April 2016

Rheinische Post: Böhmermanns Schmähkritik im Wortlaut

zum Originaltext in RP-Online

"Am 31. März verlas Jan Böhmermann in seiner Sendung "Neo Magazin Royale" das Schmähgedicht gegen Recep Tayyip Erdogan, das hernach zur Staatsaffäre wurde. Wir dokumentieren den entscheidenden Dialog zwischen Böhmermann (JB) und seinem Kollegen Ralf Kabelka (RK) sowie den Text des Gedichts - damit Sie sich selbst eine Meinung bilden können.


JB Herr Erdogan, es gibt Fälle, wo man auch in Deutschland, in Mitteleuropa Sachen macht, die nicht erlaubt sind. Also: Es gibt Kunstfreiheit, das eine - Satire und Kunst und Spaß. Das ist erlaubt. Und auf der anderen Seite, wie heißt es? RK Schmähkritik. JB Schmähkritik. Das ist ein juristischer Ausdruck, also: Was ist Schmähkritik? RK Wenn du Leute diffamierst. Wenn du einfach nur so untenrum argumentierst. Wenn du die beschimpfst und wirklich nur bei privaten Sachen, die die irgendwie ausmachen, herabsetzt. JB Herabwürdigen. Das ist Schmähkritik. Und das ist in Deutschland auch... das ist auch nicht erlaubt? RK Das ist Schmähkritik, ja. JB Haben Sie das verstanden, Herr Erdogan? RK Das kann bestraft werden. JB Das kann bestraft werden? Und dann können auch Sachen gelöscht werden - aber erst hinterher, nicht vorher? Das muss man... RK Ja, erst hinterher. JB Ist vielleicht ein bisschen kompliziert - vielleicht erklären wir es an einem praktischen Beispiel mal ganz kurz. RK Ja, mach doch mal. JB Ich hab' ein Gedicht, das heißt "Schmähkritik". Können wir vielleicht dazu so 'ne türkisch angehauchte Version von dem Nena-Song haben? Einfach nur... Und können wir vielleicht ganz kurz nur die türkische Flagge... im Hintergrund, bei mir? Sehr gut. Also, das Gedicht. Und das ist jetzt, was jetzt kommt, das darf man nicht machen. RK Darf man nicht machen. JB Wenn das öffentlich aufgeführt wird, das wäre in Deutschland verboten, und da könnte man dann... RK Bin der Auffassung: das nicht. JB Okay. Das Gedicht heißt "Schmähkritik". Sackdoof, feige und verklemmt Ist Erdogan, der Präsident. Sein Gelöt stinkt schlimm nach Döner, Selbst ein Schweinefurz riecht schöner. Er ist der Mann, der Mädchen schlägt Und dabei Gummimasken trägt. Am liebsten mag er Ziegen ficken Und Minderheiten unterdrücken... Das wäre jetzt quasi 'ne Sache, die... RK Nee. JB Kurden treten, Christen hauen Und dabei Kinderpornos schauen. Und selbst abends heißt's statt schlafen Fellatio mit hundert Schafen. Ja, Erdogan ist voll und ganz Ein Präsident mit kleinem Schwanz. Wie gesagt, das ist 'ne Sache, da muss man... RK Das darf man nicht machen. JB Das darf man nicht machen. RK Nicht "Präsident" sagen. JB Jeden Türken hört man flöten: Die dumme Sau hat Schrumpelklöten. Von Ankara bis Istanbul Weiß jeder, dieser Mann ist schwul, Pervers, verlaust und zoophil - Recep Fritzl Priklopil (1). Sein Kopf so leer wie seine Eier, Der Star auf jeder Gangbang-Feier. Bis der Schwanz beim Pinkeln brennt, Das ist Recep Erdogan, der türkische Präsident. Und das darf man... das dürfte man jetzt in Deutschland... RK Unter aller Kajüte! JB Ganz kurz. Hey! Hey! Hey! RK Nicht klatschen! JB Dankeschön. Also, das ist jetzt 'ne Geschichte, wenn das... Was könnte da jetzt passieren? RK Unter Umständen nimmt man es aus der Mediathek! Das kann jetzt rausgeschnitten werden. JB Also, wenn jetzt quasi die Türkei oder der Präsident was dagegen hat, müsste er sich in Deutschland erst mal 'nen Anwalt suchen. RK Ja, genau."







(1) Anmerkung M.B.:
Josef Fritzl hielt in Amstetten, Österreich, seine Töchter gefangen, vergewaltigte und schwängerte sie.
Wolfgang Priklopil entführte Natascha Kampusch, ebenfalls in Österreich, und hielt sie mehr als acht Jahre gefangen.



Dienstag, 12. April 2016

Patrik von zur Mühlen - Deutsche Emigranten im spanischen Bürgerkrieg

Spanien gehörte nicht zu den typischen Exilländern wie Frankreich und die Niederlande. Es lag für den damaligen Deutschen weitab am Rande Europas. Die Kenntnisse von Sprache, Land und Leuten waren im allgemeinen gering. Beziehungen zwischen deutschen und spanischen Parteien, zwischen den Intellektuellen beider Länder waren nicht sehr intensiv und beschränkten sich auf Ausnahmen. Der Grund lag teilweise in der ungleichzeitigen Entwicklung beider Länder: Spanien wurde erst 1931 Republik, während in Deutschland die Republik im Jahre 1933 beseitigt wurde. Dennoch war die Zahl deutscher Emigranten in Spanien zwischen 1933 und 1936 keineswegs so gering, wie man es angesichts der damals losen Beziehungen zwischen beiden Völkern annehmen möchte.

Diese Tatsache ist bemerkenswert, da gerade die instabilen und konfliktreichen innenpolitischen Verhältnisse sowie Armut und Rückständigkeit das Land als Refugium keineswegs besonders verlockend erscheinen ließen. Die politischen Verfolgungen während des "bienio negro" 1934/35 sowie bürgerkriegsähnliche Zustände in Katalonien und Asturien waren auch für Ausländer mit Einschränkungen und Schwierigkeiten verbunden. Aber ein deutscher Emigrant, der nach Spanien zog, hatte oft andere Motive. Er konnte dort vergleichsweise billig leben und sich mit wenig Geld in einen malerischen, klimatisch angenehmen Ort zurückziehen. Vor allem die Balearen-Inseln Mallorca und Ibiza hatten bald kleine Kolonien von Künstlern, Schriftstellern und Journalisten.

Walter Benjamin lebte 1933 ein halbes Jahr auf Ibiza. Der Publizist und Verleger Harry Graf Kessler hatte von 1933-1935 seinen Wohnsitz in Palma de Mallorca; in seiner Nähe lebten der Übersetzer und Schriftsteller Albert Vigoleis Thelen und der sozialdemokratische Journalist Franz v. Putkammer. Der Lyriker Erich Arendt arbeitete in Pollensa im Norden Mallorcas als Hausknecht und Faktotum in einer wohlhabenden Familie, und im mallorquinischen Fischerdorf Cala Patjada lebten die Schriftsteller Franz Blei und Karl Otten, der pazifistische Journalist Heinz Kraschutzki sowie der Maler Arthur Segal.

Auf dem Festland, in Barcelona, arbeitete der Schriftsteller Frank Amau und gab die spanischen Übersetzungen dreier seiner Bücher heraus. (1)

Wie ich Professor wurde

Hier in Chiclana oder soll ich sagen in Spanien oder überhaupt als Deutscher im Ausland passieren einem schon komische Sachen.

Als ich hierher kam und weder von der Sprache, noch von sonst irgendetwas Hiesigem eine Ahnung hatte, suchte ich mein Heil in der Kontaktaufnahme zu dem ortsansässigen deutschen Verein.
Ich musste meine Mitgliedschaft anmelden und schrieb in ein Formblatt meinen vollständigen Namen. Dazu muss man wissen, dass ich vor ungefähr einer Million Jahren einmal einen akademischen Grad an einer deutschen Universität erworben habe. Der steht in meinen Ausweisen und gehört seitdem zu meinem Namen.

In Deutschland legt man in gewissen Kreisen noch viel Wert auf so etwas und ich war es aus meiner Berufstätigkeit gewöhnt (auch) damit angeredet zu werden.
Kurz und gut, ich schrieb auch diesen Titel auf meine Anmeldung, weil ich noch nicht wusste, dass dies in Spanien völlig unüblich ist.


Ich hatte nebenbei erzählt, dass ich 30 Jahre lang Lehrer am Gymnasium war, und so wurde ich schon beim nächsten Vereinstreffen (Achtung!) mit "Herr Professor" oder nur "Professor" angeredet. Selbstverständlich wehrte ich mich sogleich mit Händen und Füßen gegen die unverdiente akademische Beförderung, aber sie ließ sich nicht mehr einfangen.


Ich wusste damals vieles noch nicht, z.B. dass genau wie im Französischen, das ich gelernt hatte, Professor (Professeur) schlicht "Lehrer" bedeutet und deshalb auch an Schulen benutzt wird.

Aber die Verwirrung ging weiter. Meine Episode mit dem deutschen Verein ging rasch zu Ende und ich konnte den bildungsfernen Menschen dort leider nicht den Unterschied zwischen einem deutschen und einem spanischen Professor klar machen. Erschwerend kam hinzu, dass der Professor auch in Spanien an Universitäten und Hochschulen so genannt wird. Und schließlich ist er auch in Deutschland "nur" ein Lehrer seiner Studenten, von der Forschung einmal abgesehen.

Inzwischen weiß ich über die Bedeutung des Wortes "Professor" in Spanien bestens Bescheid, aber das Durcheinander hält an. Erst kürzlich musste ich wieder zwei Damen, einer Spanierin und einer Engländerin, auf Nachfrage erklären, was es mit dem "Professor" auf sich hat. Und sie antworteten erleichtert: " Und wir dachten, du wärst irgendwas Höhergestelltes."

Ich war einmal ein Lehrer und mit meiner gesamten Bescheidenheit wäre ich nie auf die Idee gekommen,  mich irgendwo "Professor" zu nennen.

Aber ich habe einen akademischen Grad erworben, der mich ein Leben lang als Teil meines Namens begleitet. Und ich muss sagen, ich bin stolz darauf,, weil das ja nicht so richtig viele schaffen.

Und dennoch, mein Freund Antonio zieht mich immer wieder damit auf, indem er mich mit "Hola! Professor!" begrüßt.





Dienstag, 29. März 2016

An die Nachgeborenen

I
Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!
Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn
Deutet auf Unempfindlichkeit hin. Der Lachende
Hat die furchtbare Nachricht
Nur noch nicht empfangen.

Was sind das für Zeiten, wo
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist.
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!
Der dort ruhig über die Straße geht
Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde
Die in Not sind?

Es ist wahr: ich verdiene noch meinen Unterhalt
Aber glaubt mir: das ist nur ein Zufall. Nichts
Von dem, was ich tue, berechtigt mich dazu, mich sattzuessen.
Zufällig bin ich verschont. (Wenn mein Glück aussetzt, bin ich verloren.)

Man sagt mir: iß und trink du! Sei froh, daß du hast!
Aber wie kann ich essen und trinken, wenn
Ich dem Hungernden entreiße, was ich esse, und
Mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt?
Und doch esse und trinke ich.

Ich wäre gerne auch weise.
In den alten Büchern steht, was weise ist:
Sich aus dem Streit der Welt halten und die kurze Zeit
Ohne Furcht verbringen
Auch ohne Gewalt auskommen
Böses mit Gutem vergelten
Seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen
Gilt für weise.
Alles das kann ich nicht:
Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!

II
In die Städte kam ich zur Zeit der Unordnung
Als da Hunger herrschte.
Unter die Menschen kam ich zu der Zeit des Aufruhrs
Und ich empörte mich mit ihnen.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.

Mein Essen aß ich zwischen den Schlachten
Schlafen legte ich mich unter die Mörder
Der Liebe pflegte ich achtlos
Und die Natur sah ich ohne Geduld.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.

Die Straßen führten in den Sumpf zu meiner Zeit.
Die Sprache verriet mich dem Schlächter.
Ich vermochte nur wenig. Aber die Herrschenden
Saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.

Die Kräfte waren gering. Das Ziel
Lag in großer Ferne
Es war deutlich sichtbar, wenn auch für mich
Kaum zu erreichen.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.

III
Ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut
In der wir untergegangen sind
Gedenkt
Wenn ihr von unseren Schwächen sprecht
Auch der finsteren Zeit
Der ihr entronnen seid.

Gingen wir doch, öfter als die Schuhe die Länder wechselnd
Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt
Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung.

Dabei wissen wir doch:
Auch der Haß gegen die Niedrigkeit
verzerrt die Züge.
Auch der Zorn über das Unrecht
Macht die Stimme heiser. Ach, wir
Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit
Konnten selber nicht freundlich sein.

Ihr aber, wenn es so weit sein wird
Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist
Gedenkt unserer
Mit Nachsicht.

Bertolt Brecht


Montag, 29. Februar 2016

Fotografie


Die Fotografie ist immer auch ein Selbstbildnis des Fotografen. Und das ist oft sehr entlarvend.

Wer seit Jahrzehnten Kunstfotografie sammelt, weiß, wo die Grenze zwischen Kunst und Gemüseknipserei verläuft.


Samstag, 27. Februar 2016

Auch Wahnsinn!

Ein befreundeter, ehemaliger Kollege, Oberstudienrat für Deutsch an einem Gymnasium in NRW, beklagte sich bei mir, er habe gerade nach der Korrektur von 56 Klassenarbeiten für eine sogenannte "Lernstandserhebung" pro Schüler 118 Kreuzchen in jeden Bewertungsbogen machen müssen. Das seien insgesamt 6608 (in Worten: sechstausendsechshundertacht) Kreuzchen und die müsse er nun noch alle in den Schulcomputer von Hand eingeben. Er war der Verzweiflung nahe.

Ich riet ihm, das doch zu seinem eigenen Schutz zu torpedieren. Er solle sagen, das sei Sachbearbeiterarbeit und dafür sei er nicht ausgebildet. Er könne auch jeden Schüler in allen Punkten mit Eins bewerten, das mache die Eingabe leichter. Er solle Sand ins Getriebe streuen, mehr Konfliktfreude entwickeln um diesen Wahnsinn zu stoppen. Er solle sich nicht verbiegen (lassen).

Man muss dazu wissen, dass er 25 Wochenstunden a 45 Minuten Unterricht gibt, von denen jede einzelne wissenschaftlich und pädagogisch exakt vorbereitet werden und durch Analyse des Lernerfolgs, aber auch Nacharbeit durch Korrektur von Hausaufgaben auf ca. zweieinviertel Stunden erweitert werden muss. Das ergibt schon ca. 56 Stunden Wochenarbeitszeit.

Hinzu kommen bei ihm 56 Klassenarbeiten der Mittelstufe dreimal im Halbjahr. Jede einzelne davon bedarf ca. 30 Minuten Korrekturzeit. Das sind 84 Stunden zusätzlich.

In der Oberstufe fallen bei ihm zweimal 43 Klausuren pro Halbjahr an. Die Korrektur ist hier deutlich aufwändiger. Sie umfasst ca 1,5 Stunden pro einzelner Klausur. Es kommen ca. 64 Stunden hinzu. Aufs Jahr gerechnet sind das ca. 240 Stunden zusätzlich, die in der Unterrichtszeit von ca. 40 Wochen anfallen. Auch die Schulferien reichen für einen Gymnasiallehrer mit Korrekturfächern oft nicht aus, um seiner Belastung außerhalb des Unterrichts gerecht zu werden. Sonn- und Feiertage sind meist mit Korrekturen belegt und ein Familienleben leidet.

Konferenzen, Elterngespräche, Abiturprüfungen und stets mehr werdender bürokratischer Mist kommen hinzu.

Ich bin froh, dass ich schon lange aus diesem menschenverachtenden System heraus bin, das mich krank gemacht hat. Und da glaubt noch jemand, dass man darin anständig Kinder erziehen kann, die aus zunehmend schwieriger werdenden Familienverhältnissen stammen und für die man oft genug noch als Sozialarbeiter fungieren muss, wofür man auch nicht ausgebildet ist.

Und dann noch 6608 Kreuzchen oben drauf, denen 6608 Korrekturentscheidungen zugrunde liegen.

Meinem Freund konnte ich nicht viel Mut machen.




Montag, 22. Februar 2016

Tradition


Wenn ein paar aufgetakelte, alte deutsche Weiber, die nicht wahrhaben wollen, dass sie 60 oder 70 und nicht 20 oder 30 Jahre alt sind und ihre verhaustierten, infantil gesoffenen alten Kerle sich in einen offenen Unterstand in der unwirtlichen Umgebung einer andalusischen Marschlandschaft stellen und bei Temperaturen, bei denen jeder Glühwein in Deutschland stehen bleiben würde, dort denselben auf Campingkocher zubereitet zu sich nehmen, dann, ja dann nennen sie das Nikolausfeier.



Donnerstag, 31. Dezember 2015

Manolos Taberna feiert das Vierjährige




nur ein paar Schnipsel:









Mannomann...

...da hab ich mir ja mal wieder ein ganz besonders ärgerliches Blümchen gepflückt:

Da wird mir die Tusse von ihrem an sich recht sympathischen Mann vorgestellt und erklärt, sie könne mich nicht leiden und ich sei ja so arrogant !!!

Und das bevor sie einen einzigen Satz mit mir gewechselt hat oder auch nur den Versuch gemacht hätte mich kennenzulernen.

Ich glaube es einfach nicht. Meine Verachtung für Menschen, die sich so benehmen, kann nicht größer sein.

Mittwoch, 23. Dezember 2015

Kopf geschüttelt und aufgeschnappt


  • Stell dir vor, du hast - wie ich - ein moderates Übergewicht, das dich schon lange stört.

    Und dann sagt einer zu dir, dem du ein gewisses Vertrauen entgegen bringst: "In Bayern würde man dich ein gestandnes Mannsbild nennen, in Preußen eine fette Sau! "
    Wie würdest du dich fühlen?

    Ist das lustig? Ist das eine Grenzüberschreitung, die auf miese Kinderstube schließen lässt? Ist das Gossenjargon?

    Würdest du dich verletzt und erniedrigt fühlen? Ich mich schon. Warum sagt jemand so etwas?

  • Frauchen lässt den kalbsgroßen Hund von der Leine und der weiß prompt nichts Besseres zu tun, als über die Straße zu laufen. Frauchen rennt rufend hinterher, was den kalbsgroßen Hund erst recht auf Trab bringt.

    Als Frauchen mit kalbsgroßem Hund am Halsband zerrend wieder zurück ist, hat Herrchen sich nicht bewegt. Als Frauchen dann beklagt, der Hund habe sie gebissen, antwortet Herrchen verächtlich: "Dann beiß doch zurück!"

  •  "Das Haus gehört mir! Mir alleine!", rief er in die Runde und grinste selbstgefällig dabei. Und seine Frau wusste nicht, wo sie hinschauen sollte, peinlich berührt, wie sie war.

  • Auf Spanisch nennt man solche Typen "Gilipollas". Aber das waren wieder Deutsche.








Keine Weihnachtswünsche!

Statt salbungsvoller Wünsche möchte ich meinen Leserinnen und Lesern ein Stück Text von Immanuel Kant, dem großen und von mir sehr verehrten Philosophen aus Königsberg in die ruhigen Tage am Ende des Jahres mitgeben, zum Selbstdenken:


"Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?

Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.

Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung frei gesprochen (naturaliter maiorennes), dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es Anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt, usw., so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen. Ich habe nicht nötig zu denken, wenn ich nur bezahlen kann; andere werden das verdrießliche Geschäft schon für mich übernehmen."

Den vollständigen Text findet man hier.